Leserbriefe
Leserbrief von Harald Rieve
Flensburger Str. 16, 24860 Böklund, den 10. Mai 2010
An die Gesellschaft für Schleswiger Stadtgeschichte
– Geschäftsführung – Herrn Siegfried Lawrenz
Gallberg 3, 24837 Schleswig
Sehr geehrter Herr Lawrenz!
Ich habe Kindheit und Jugend in meinem Geburtsort Schleswig verbracht und bin an der Entwicklung der Stadt in vieler Hinsicht interessiert.
Zahlreiche Veröffentlichungen zur Stadtgeschichte habe ich aufmerksam verfolgt, leider auch einige Unrichtigkeiten oder Lücken festgestellt:
1. Im 1987 erschienenen Werk von Theo Christiansen „Schleswig und die Schleswiger 1945-1962“ heißt es auf den Seiten 72 und 73 – ich zitiere –: „Auch im Wohnungsamt, das in einer Baracke an der Plessenstraße untergebracht wurde – heute steht dort das „Ärztehaus“ – konzentrierte sich die Not in unvorstellbarer Dichte!“ Diese Standortangabe ist falsch. Das Wohnungsamt befand sich in einer Baracke im Park des Plessenhofes, Eingang vom Wiesendamm aus!
Mein Vater, Stadtamtmann Willi Rieve, war von 1949 bis 1951 Leiter des Wohnungsamtes. Wo heute das „Ärztehaus“ steht, stand das Geschäfts- und Wohnhaus des Schneidermeisters Ludwig Herbst, meines Großvaters. Ich selbst bin in diesem Hause geboren. Nach einer Kennzeichnung in einem Balken im Dachgeschoss könnte das Gebäude um 1760 erbaut worden sein. Leider wurde es in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts abgebrochen, um dem „Ärztehaus“ Platz zu machen. Ich erlaube mir, ein Foto des alten Hauses beizulegen.
Meine frühere ehemalige Nachbarin, Frau Gertrud Nordmann geb. Vierck, damals wohnhaft Plessenstraße 11, wird meine Standortangaben sicher bestätigen können. Ich hatte mich seinerzeit nach Erscheinen des Buches brieflich an Herrn Dr. Christiansen gewandt und ihn auf den Irrtum aufmerksam gemacht, habe aber niemals eine Antwort erhalten …
2. Im Werk von Theo Christiansen „Schleswig 1836-1945. Eine Stadt und ihre Bürger“, 2. Auflage 1981, lautet auf S. 82 der dritte Absatz: „Wie die Einwohner auf die verschärfte Judenhetze reagierten, lässt sich nicht feststellen. Da in der Stadt kein jüdischer Bürger mehr wohnte, war es ein Problem auf Abstand.“ Meines Wissens lebten im Jahre 1938 sehr wohl noch jüdische Bürger in der Stadt. Dies wurde mir von den leider verstorbenen Ratsmitgliedern Wilhelm Schütt und Heinrich Vollertsen bestätigt. Persönlich ist mir die Familie Zarnowski bekannt gewesen, die bis in die dreißiger Jahre als unsere Nachbarn im Hause Plessenstraße 18 lebte und später in der Michaelisstraße wohnhaft war.
3. 1987 erschien die Arbeit von Joachim Skierka „Die Domschule Schleswig und ihre Direktoren 1864-1964“. Auf S. 159 befindet sich eine Übersicht über die Zahl der Abiturienten 1822-1986. In dieser Aufstellung fehlt die Zahl der Abiturienten des Jahres 1942. Ich habe seinerzeit Herrn Skierka daraufhin angesprochen und er teilte mir mit, dass im Domschularchiv keine Unterlagen über diesen Jahrgang zu finden wären. Ich war selbst Abiturient der Domschule im Jahre 1942 und hatte Herrn Skierka eine Kopie des Berichts in den damaligen „Schleswiger Nachrichten“ über die Reifeprüfung am 16. März 1942 übersandt.
Da ich die 2. Auflage dieses Heftes nicht besitze, ist mir nicht bekannt, ob Herr Skierka diesen Hinweis verwertet hat. Anbei übersende ich eine Kopie des damaligen Berichts in den „Schleswiger Nachrichten“.
Vielleicht lassen sich in eventuellen weiteren Auflagen der genannten Veröffentlichungen Berichtigungen oder Hinweise einfügen? Oder wären Hinweise in den „Mitteilungen … zweckdienlicher?
Mit freundlichem Gruß
Harald Rieve
Leserbrief von Harald Rieve
Flensburger Str. 16, 24860 Böklund, den 4. August 2010
An die Gesellschaft für Schleswiger Stadtgeschichte
Herrn Reimer Pohl,
Klosterhofer Str. 22, 24837 Schleswig
Sehr geehrter Herr Pohl!
Zum Thema “Erinnerungen aus und an Schleswig” kann ich folgendes Erlebnis beisteuern: Von 1930 bis 1934 habe ich die Grundschule in der Altstädter Knabenschule - die im Bischofshof untergebracht war - besucht. Ein besonderes Vorkommnis ist mir im Gedächtnis geblieben:
Im Frühjahr oder Sommer 1933 - das genaue Datum ist mir leider entfallen - beobachteten die Schüler während einer Pause, dass ein Trupp von SA-Männern einen älteren Mann auf der Straße vorbeiführte. Dieser hatte vor der Brust eine Art Transparent hängen, auf dem “Halsabschneider” und “Wucherer” zu lesen war. “De hett een dootmakt”, meinte ein Mitschüler, und mehrere andere pflichteten ihm bei.
Die übertragene Bedeutung des Wortes “Halsabschneider” war uns noch nicht bewusst. Unter einem “Wucherer” konnte sich niemand etwas vorstellen, aber es musste wohl etwas Schlimmes sein!
Vielleicht können sich ältere Schleswiger an diesen Vorfall erinnern? Oder weiß jemand, wer der “Vorgeführte” war?
Mit freundlichem Gruß
Harald Rieve