Kurzinformationen 60-2015 - Schleswiger Stadtgeschichte

Gesellschaft für Schleswiger Stadtgeschichte e. V.
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Kurzinformationen 60-2015

KURZINFORMATIONEN

Vielleicht vermissen Sie in diesem Heft die „Leserecke“ und finden stattdessen „Kurzinformationen“ vor. Als wir vor Jahren die Leserecke einführten, geschah dies in der Absicht, ein Diskussionsforum nicht nur für die Beiträge selbst, sondern auch für stadtgeschichtlich relevante, kontrovers zu beurteilende Themen zu schaffen. Zur Anregung hatten wir Themen vorgegeben. Leider blieb ein Echo aus. So wurden vorwiegend Kurzinformationen zu Themen, die wir gerne auch ausführlicher gebracht hätten, für die aber keine Beiträge eingingen, hier präsentiert.  Hierfür war der Name Leserecke aber nicht tauglich, so dass wir sie – nicht ohne Resignation – nach dem benennen wollen, was sie vorwiegend enthält: Kurzinformationen. Die Leserbriefe  erhalten ein eigenes Forum.


350 Jahre Christian-Albrechts-Universität

Eigentlich hätte sie in Schleswig stehen müssen, die neue Landesuniversität, hatte doch der Vater des Gründers, Friedrich der III., alle Voraussetzungen hierfür geschaffen. Doch der dänische König, sein Lehnsherr, wollte keine Konkurrenz für die Kopenhagener Universität. Gottorf war eben kein souveränes Herzogtum und die kurzzeitig erfolgreichen Bemühungen endeten  bekanntermaßen  mit dem Untergang des Schleswiger Herzoghauses. Christian Albrecht, ähnlich kulturbeflissen wie sein Vater, was sich u. a. auch in der Vollendung des Neuwerk-Gartens niederschlug und den widrige Zeitumstände mit lang dauernden Exilen an einer nachhaltigeren Wirksamkeit hinderten,  wandte sich daher an seinen holsteinischen Lehnsherrn, den deutschen Kaiser, von dem er die Erlaubnis für die Kieler Gründung problemlos erhielt. Vermutlich waren ihm die „nordischen“ Verhältnisse herzlich egal. Mit einer Universität wäre Schleswig wohl schon früh auf seine heutige Rolle als Kulturhauptstadt des Landes eingeschwenkt.


50 Jahre Schleswiger Husaren

Aus dem Friedichsberger Spielmannszug entwickelte sich 1965 unter  Federführung von Willi  Einicke eine Musikervereinigung,  die sich nach dem ehemaligen Husarenregiment No. 16 „Schleswiger Husaren“ nannte.  Stand anfangs noch die musikalische Begleitung von Umzügen  durch die Stadt im Vordergrund,  so hat  sich nunmehr der Schwerpunkt auf konzertante Aufführungen verlagert, insbesondere seit vor 20 Jahren Willi Neu  den Dirigentenstab übernahm. Heute existieren drei Gruppierungen mit dem Symphonischen Orchester, der BläserVielHarmonie und dem Nachwuchsorchester mit über 80 Aktiven aller Jahrgänge.  Angesichts der natürlichen  Fluktuation kommt der „Nachwuchsarbeit“, die keine Altersbegrenzung kennt, besondere Bedeutung zu. Seit den 1970er Jahren verfügen die Husaren mit dem Musikheim in Schuby (Langredder 11) über eine eigene Übungs- und Aufführungsstätte. Das Repertoire erstreckt sich über alle Musiksparten.


60 Jahre Gesellschaft für Schleswiger Stadtgeschichte

Am 1. 11. 1955 wurde die Stadtgeschichtsgesellschaft  gegründet,  und da die durch fünf teilbaren Jahrgänge nun traditionell besondere Beachtung finden, wollen wir auch dieses Datum nicht unbemerkt verstreichen lassen. Dass die Anfänge durchaus ein Problempoten- tial enthielten,  macht der Beitrag von Herrn Falk Ritter in diesem Heft deutlich. Zur Ehre der Gesellschaft sei jedoch festgestellt,  dass „braunes“ Gedankengut hier nie eine Heimat hatte,  wobei „Heimat“ durchaus in seiner grundsätzlichen Dimension verstanden werden darf. Und sieht man die ersten schmalen Hefte der „Beiträge“, so wird man mir zustimmen, dass diese sich sehr erfreulich und vielfältig weiterentwickelt haben.


Fusion der Kirchengemeinden in Schleswig

Über 300 Jahre nach der Stadt wurden am 4. Oktober die Kirchengemeinden „combiniert“, und wie damals geschah dies beileibe nicht einvernehmlich. Waren es damals die Sorgen der Lollfußer und Friedrichsberger, zur Tilgung der hohen Schulden Schleswigs herangezogen zu werden, so waren es diesmal die der „Altstadt“, dass die Fusion zum Verlust der Originalität der jeweiligen Gemeinden, insbesondere natürlich der Domgemeinde, führen würde. Dass in Zeiten der Globalisierung und damit einhergehendem Verlust an Individualität diese ein Wert an sich ist, ist unbestreitbar, solange sie nicht in Egoismus ausmündet, auch dies ein Begleitphänomen unserer Zeit, den alten Grundsatz „Allgemeinwohl geht vor Eigenwohl“ konterkarierend. Wie dies vor allem Großplanungen bis zur Unmöglichkeit verteuert und behindert, erleben wir täglich. Dass andererseits eine schrumpfende Kirche mit drastisch abnehmenden Einnahmen zu Sparmaßnahmen gezwungen ist und ihren Bestand kritisch überprüfen muss, ist ebenso unbestreitbar, wie dass sich hierfür vorzüglich die Ausnutzung von Synergien im Verwaltungssektor eignen. Es mag die Gegner der Fusion trösten, dass sich auch trotz der seinerzeitigen „Combinierung“ eine Eigenständigkeit der zwangsvereinten Stadtteile bis heute erhalten hat. Über das Thema „Heimat“, von der auch die Kirche ein wesentlicher Teil ist, ließe sich trefflich philosophieren, zumal angesichts endlos gewordener Ströme heimatlos Gewordener, die auch unser Land überschwemmen.  Doch werden wir wohl eine Antwort schuldig bleiben, ist doch „Heimat“ eine zutiefst individuelle Erfahrung und damit nicht im Allgemeinen fassbar.



Abschluss und Aufbruch. Kreatives aus der Domschule.
Dein Blick ist gefragt

Ausstellungen im Stadtmuseum vom 2015
Man sagt der heutigen Jugend gerne nach, dass sie in einer Internet-geprägten Zeit ihr kreatives Potential zu wenig nutze. Zwei Ausstellungen im Stadtmuseum belegen nachdrück- lich das Gegenteil. Aus stadtgeschichtlicher Sicht von besonderem Interesse ist die zweite Ausstellung. Im Rahmen des Programms „Kultur macht stark“ haben sich neun Schüler auf eine Bilderreise unter Führung der Fotographin Heidi Krautwald durch ihre Stadt gemacht. Aktionspartner waren die Dannewerkschule, die AWO und das Stadtmuseum. Herausgekommen ist ein buntes Spektrum von Ansichten jenseits der Schleswiger Postkartenschönheiten. Dabei waren Schuhspitzen im Gras, Verkehrsschilder, aus raffinierter Untersicht ein Blick auf eine Weiche oder ein von Unkraut überwucherter Prellbock ebenso bildwürdig wie der in tiefgraue Wolken ragende Domturm, enge Durchblicke zwischen Häuserzeilen oder der Blick auf Gottorf über das Findlingsbollwerk des Schleiufers, um nur einige Beispiele zu nennen.  Mag auch vieles wenig Schleswig-typisch sein und oft wie ein Stillleben impo- nieren, es beeindruckt, wie viel zum Bild wird, an dem wir achtlos vorübergehen. Es soll versucht werden, der verdienstvollen Schau durch einen nachgereichten Katalog Dauer zu verleihen wie der Erfolg der Ausstellung  die Stadtgeschichtsgesellschaft  zusammen mit dem Förderverein des Stadtmuseums ermutigt, ein Foto-Preisausschreiben für Jugendliche auszuloben, die geschichtliche Gegenwart ihrer Stadt ins Bild zu setzen. Vielleicht ist ihm mehr Erfolg beschieden als dem seinerzeitigen für die Bearbeitung geschichtlicher Themen.


Schleswig baut

Das neue Krankenhaus
Es geht seiner Vollendung entgegen, eines der größten Schleswiger Bauvorhaben aller Zeiten, das neue Krankenhaus, das im nächsten  Frühjahr eingeweiht werden soll. Was besticht, ist die außerordentlich geschickte Auflösung der riesigen Baumasse und ihre Verteilung am Hang. An den eingeschossigen  Querriegel parallel zur St.-Jürgener-Straße  (Abb. 1) schließen nach Süden drei Seitenflügel an, wobei die Hanglage noch ein fünftes Geschoss erlaubt (Abb. 2), ohne aufdringlich zu wirken. Die Absenkung der Zufahrt lässt den Bau von der St.-Jürgener-Straße  lediglich dreigeschossig erscheinen und damit höhengleich mit der gegenüber liegenden kleinteiligen Bebauung. Die Flügelgliederung erlaubt klare funktionelle Zuordnungen, die damit schon an der äußeren Erscheinung ablesbar werden. Die in freundlichem Neapelgelb gehaltenen Kuben verzichten auf jeden Bauschmuck, was den funktionalen Charakter des Baus unterstreicht. Ein Nachteil freilich ist bei dieser Gestaltung unabdingbar: Es gibt viele lange Wege. Freilich die Einbettung in die Parklandschaft wird für den Genesungsprozess der Patienten ein unschätzbarer Gewinn sein.


Abb. 1



Abb. 2

Wohnen in der Stadt
Während jahrzehntelang die Stadt Bürger an die Umlandgemeinden verlor, dreht sich jetzt der Trend: Wohnen in der Stadt ist wieder gefragt. Am „Berender Redder“ wird der zweite Bauabschnitt in Angriff genommen. Auf der Freiheit ist der erste Bauabschnitt praktisch abgeschlossen und ein ansehnliches Quartier entstanden. Nun wurde eine Randbebauung der Königswiesen mit 140 Wohneinheiten  beschlossen, die zügig realisiert werden sollen. Die Stadt wächst wieder und kann hoffen, demnächst die 25 000 Einwohnerzahl zu überschreiten.


Abb. 3


Auch bei innerstädtischen  Lückenschließungen spielt Wohnungsbau eine Rolle, so an der „Gottorfstraße“ (Abb. 3) oder in der „Langen Straße“, wo ein giebelständiges und sich damit gut in das Straßenbild einfügendes Mehrfamilienhaus entstehen  soll (Abb. 4). In der Baulücke sieht man noch auf einen ansprechenden Mehrfamilienbau am „Kleinen Baumhofsgang“. Die schnell vergriffenen Wohneinheiten signalisieren den Bedarf für anspruchsvolles innerstädtisches  Wohnen. In der Baulücke am Lollfuß zieht der ASF sein neues  Verwaltungsgebäude hoch, auch hier mit zusätzlicher Wohnnutzung. Seine Gestaltung als Kubus mit Staffelgeschoss sorgte für Diskussionen. Da der Lollfuß gerade im westlichen Bereich über eine stilistisch reichlich gemischte Bebauung verfügt, wird er wohl eher als belebendes Moment wahrgenommen werden. Und schließlich sind auch bei der Bebauung des Geländes der ehemaligen dänischen Bibliothek und der Theaterbrache Wohnungsbauten im Gespräch, soll auf dem Areal des ehemaligen Hotels „Stadt Hamburg“ eine Seniorenwohnanlage entstehen.


Abb. 4                                                                                                                               Fotos: R. Winkler


BUCHHINWEISE

Lukas, Peter: Veränderung Schleswig. Selbstverlag atelier peter lukas, postboks266, 4892 grimstad norway 2015.

Rathjen, Karl: Jenseits  des „Jordan“ … Im Friedrichsberg zu Hause. Postkartenkalender für 2016. Verden: Kalender Manufaktur Verden 2015.

Schietzel, Kurt: Spurensuche Haithabu. Neumünster: Wachholtz 2014.

Rüdel, H., Schube-Focke, A.: Schleswig neu entdeckt. Erfurt: Sutton-Verlag 2015.


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